Thingstätte zur Jahrtausendwende - nun tanzen Moderne Primitive den Sommer wach

Das alljährliche Walpurgis-Nacht Happening - zum alten keltischen Beltane Fest, bei dem die Maien-Jungfer oder -Königin mit Hilfe ihres jungen Sonnen-Heros den Wechsel der Jahreszeit vollzog - ist ein uralter Volksbrauch, der nie ganz Abriss. Er entsprang der „Alten Religion“ und wandelte sich später zum Maifest und zum Tag der Arbeit.
Zwischen 1993 und 1994 beginnt das heidnische Fest auf dem Heidelberger Thingstätte sich erneut zu formieren. Meditativ, mit einer Handvoll Trommlern und Sinnsuchenden, die mit diesem Gemeinschafts-Ritual singend, tanzend und feiernd den Winter verabschieden und den Sommer willkommen heißen.

Es war aus dem jugendlichen Geist der Ablehnung heraus geborener Ausdruck von Schmerz, Wut, Trauer, Orientierungslosigkeit und Sinnverlust. Wir tätigten diesen Aufschrei für all die Namen- und Stimmlosen und brachten zum Ausdruck, dass wir den Werten des Materialismus, den Werten des Ego, die unsere Gemeinschaft zerstören, nicht länger dienen wollten. Mit ihren Mobiltelefonen, steht den Jugendlichen ein Kommunikationsnetz zur Verfügung, das subversive Botschaften übermittelt zur Versammlung ruft, ganz genau so, wie die afrikanische Buschtrommel. Und der Ruf wurde gehört und das traditionell heidnische Event bekam enormen Zulauf.

Nun (acht Jahre später) zu Beginn des neuen Jahrtausends, droht der steigende Zustrom an Besuchern den ursprünglichen Flair der unorganisierten Veranstaltung zu sprengen.Zudem bringt er Stadt und Kulturbeauftragte in große Bedrängnis. Hinter versicherungstechnischen Aspekten und der Müllproblematik, stellen sich in den vergangenen Jahren Bürger, Stadt und Presse die alle bewegende Frage: Was oder wer ist dafür verantwortlich, dass alljährlich bereits 20.000 Menschen - teils aus anderen Bundesländern angereiste Studienkollegen, Freunde und Verwandte - nach Heidelberg kommen, um sich, in der Walpurgisnacht am 31.März. dort oben auf der Thingstätte un- bzw. selbstorganisiert und ohne Ausbruch von Gewalt zusammenzufinden?

Dass das Handy, den Jugendlichen eine autonome Planung, Absprache und Zusammentreffen ermöglicht und es ebenso funktionell ist, wie eine afrikanische Buschtrommel, kann nicht allein der Grund sein, für die zunehmende Bereitschaft, an diesem heidnischen Fest teilzunehmen.

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