Dr. Timothy Leary

"Diese psychedelischen Drogen reproduzieren wirklich Psychosen, sie erzeugen ernsthafte mentale Konfusion, Paranoia, hysterische Halluzinationen und psychotische Reaktionen ... in Staatsbeamten und all jenen, die sie nie genommen haben."

 

Biographie


Timothy Leary (* 22. Oktober 1920; † 31. Mai 1996) wurde zwar streng katholisch erzogen, verbrachte aber dennoch die Hälfte seiner Zeit in der Arrestzelle, der Militärschule von Westpoint. Als Professor, Psychologe und Autor wurde er zum berüchtigtsten (und berühmtesten) Vorreiter der heutigen Psychedelischen Forschungsgemeinde. Zwischen 1940 und 1950 arbeitete Leary als Psychologe, mit dem Schwerpunkt menschlicher Interaktion. Im Jahre 1960 nahm er als interessierter Professor der Harvard Universität, an einer Pilz-Zeremonie der mexikanischen Ureinwohner (Velada) teil und hat dort „binnen fünf Stunden mehr über das menschliche Bewusstsein gelernt, als durch die Schulpsychologe in 15 Jahren.“ Unterstützt durch den Medientheoretiker Marshall McLuhan - der gleichzeitig die Theorie entwickelte, dass die Nutzung der linearen Medien lineare Gesellschaften und lineares Denken produziert und das bestimmte Wege existieren aus der Tunnelrealität unserer Vorstellung auszubrechen und in ein neues Weltbild hinein - beginnt Leary, sich verstärkt mit Gruppenzwang und Politik und der (erstmals so deutlich zutage tretenden) schwarz-weiß-Malerei, sprich Manipulation durch die Massenmedien zu befassen. Nach einer legalen Bestellung beim Schweizer Chemiekonzern Sandoz, ausgerüstet mit einem Kilogramm Psyclocibin, 100 Gramm reinem Sandoz LSD (entspricht ca. 40.000.000 Acid Trips) und McLuhans Slogan „Tune in – turn on – drop out“, ruft Leary öffentlich dazu auf, mit Zuhilfenahme von LSD aus der Kriegstreiberei und den Normen der staatlich verordneten Wirklichkeit auszubrechen. 1961 verabreicht er gemeinsam mit Ralf Metzner erstmals Psylocibin an Probanten im Gefängnis, als auch zahllose New Yorker Künstler und entwickelt einen Test zur Persönlichkeits-Analyse, der (vom Geheimdienst finanziert) beim CIA Verwendung fand. Leary wurde unehrenhaft aus seinem Amt in Harvard entlassen. Als LSD 1968 durch Präsident Johnson auf die Liste der zu kontrollierenden Substanzen gesetzt wurde, vermuteten die Behörden in Learys Landsitz „Milbrook“ schon bald Amerikas Netzwerkzentrale der LSD Produktions- und Verteiler-Organisation „Bruderschaft der ewigen Liebe“, die mit den „Weathermen“, einer radikale Studentengruppe die in Chicago ein Polizisten-Denkmal in die Luft gejagt hatte Kontakt hielt. Leary, der die Black Panther Partei (Amerikas schwarze Befreiungsbewegung) öffentlich unterstützte, wurde vom damaligen US-Präsidenten Richard Nixon über die Presse zum „Staatsfeind Nr. 1“ deklariert. Wegen zwei Joints im Besitz seiner Tochter (für die Leary die Verantwortung übernahm) wurde er 1968 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Bereits 1971 gelang ihm die Flucht, er tauchte bei Exilanten der Black-Panther Bewegung in Algerien unter und floh - nachdem er sich mit deren Führung überworfen hatte - über die Schweiz und Wien nach Afghanistan. Dort wurde er am Flughafen vom BNDD (nationale amerikanische Drogen-Behörde) empfangen und an die USA ausgeliefert, wo er bis 1976 inhaftiert blieb. In San Franciscos Bay Area ging 1974 das Gerücht um, dass Leary mit dem FBI zusammenarbeite, um früher aus dem Knast zu kommen, denn das FBI hatte Learys Freundin Joanna-Harcor Smith in einen Kokain-Deal verwickelt und „Sie“ würden Druck auf ihn auszuüben, hieß es. Dazu kam noch das Pseudonym „Charles Trush“(Drossel) , dass ihm das FBI verpasst hatte, um in Presse und Öffentlichkeit zu Assoziieren das Leary gesungen hätte wie eine (...) so Ray Martins Hippiezeitung „Päng“ (Ausgabe 11, 1976) exklusiv zum Fall Leary. Die Paranoia gipfelte in einer absurden  „P.I.L.L.“ Konferenz (People Investing Learys Lies = Menschen untersuchen Learys Lügen), mit u.a. Richard Alpert (Ram Dass), Jack Leary, Jerry Rubin und Allen Ginsbergs „44 vorläufigen Fragen an Dr. Leary“.

Derweil schrieb der inhaftierte Psychologie-Professor das Buch Neurologic (Neurologik) und entwarf ein Evolutionsmodell, das auf das einzelne Individuum, sowie die Menschheit an sich anzuwenden ist. Sein „8-Schaltkreise-Modell“ beschreibt Phasen der Evolution, die vor bzw. nach dem Löschen vergangener, traumatischer Prägungen der persönlichen Geschichte zutage treten. Leary klassifizierte diese vor- und nach-irdischen Phasen in ein Modell mit Acht Entwicklungs- und Bewusstseinsstufen. Die evolutionäre Aufgabe des Menschen sah er darin, sich von Zwängen zu befreien, um nicht auf dem Stand eines biomechanischen Roboters zu verkümmern. Schließlich hatte er selbst das Löschen der Charakterpanzer-bildenden post-traumatischen Stressreaktionen und die Verschmelzung mit der Natur - also die Einheit von Kosmos und Bewusstsein - erfahren und mit dem LSD eine funktionelle Technologie entdeckt, die seinem Nervensystem die „neuroatomare Fusion“ ermöglichte, um auf die Daten eines gigantischen Bio-Computers zuzugreifen. Und nicht nur der exzentrische Popautor Robert Anton Wilson (Cosmic Trigger) griff Learys Werk auf; seine Terminologie „atomares“ bzw. „Quantenbewusstsein“ wird heutzutage im modernen psychologischen Establishment mit den Begriffen „Ich-Entgrenzung, a- oder transpersonales sowie ozeanisches Bewusstsein bzw. Egolyse“ umschrieben. Denn erst in der vergangenen Jahrzehnten konnten empirische Untersuchungen von Dittrich (der an die Forschungen von Stanislav Grof, Aldous Huxley und Arnold Ludwig anknüpfte) verdeutlichten: derartige Erlebnisse gehören potentiell zum Erfahrungsvermögen eines jeden Menschen. Und so begann erst die 90er Jahre Rave-Kultur zutage zu fördern, das die psychedelische Erfahrung mit der Jahrtausenden alten Tradition des Schamanismus verwandt ist. Aufs Millennium zustrebend, erkannte Leary in der Koppelung von Psychedelika und Medien wie digitaler Hochtechnologie (in den Händen und Hirnen der Babyboomer-Generation) eine nie da gewesene Chance zur Etablierung neuer Werte, einer bewusst werdenden, planetaren Gemeinschaft. Auf seiner letzten Europa-Tour „Vom Psychedelischen zum Kybernetischen“ 1991, offerierte er dem staunenden Publikum den Brückenschlag zwischen der seelischen und digitalen Welt. Sein wiederholter Aufruf, zu begreifen, dass Technologie und Realität nichts festes sind und dass wir unser innere Welt in eine virtuell-manifeste Realität übersetzen, galt der Ermächtigung des Individuums und brachte Timothy Leary in der internationalen Presse den Titel „Erfinder des Kybernetischen Weltraums“ ein.

 

Maßgeblicher Beitrag zur Bewusstseinsforschung

 

Mit seinem Anspruch, Parapsychologie und Paraphysik zur ersten wissenschaftlichen empirisch-experimentellen Theologie der Geschichte zu vereinen, stellte sich Timothy Leary in die Tradition eines Eliphas Levi: Er wollte aus dem Okkultismus und der Hermetik eine seriöse Wissenschaft mache, welche die Menschheit auf ihre nächste evolutionäre Stufe erhebt. Nach der 1960 an der Harvard-Universität erteilten Lizenz, neue Wege der Verhaltensänderung zu entwickeln, schuf er für Millionen von Menschen die Möglichkeit wahrlich psychologische Veränderung in ihr Leben zu bringen.

Nach seinen eigenen ersten Begegnungen mit unbekannten Bewusstseinsräumen (und Intelligenzen), trug Timothy die Entdeckung des Kults um den magischen Pilz für die Wissenschaft nach Harvard. Erst hier, am Uni-Campus, begann der Kampf mit dem Establishment, da die Wissenschaft derzeit von dem weltweiten Pilz-Kult der Vorzeit noch keine Kenntnis genommen hatte. In dieser politischen Schlacht opferte Tim seine Karriere als Professor, um seinen in Harvard erhaltenen Auftrag auf unkonventionelle Art zu erfüllen. Seine, die Wissenschaft revolutionierenden, Ideen und Studien führten zur Einführung der Gruppentherapie, sowie einer im Westen bislang nicht erlebten Jugendrevolution, die im Woodstock-Festival gipfelte. Obgleich er, sein Leben lang, die Ermächtigung des Individuums durch LSD und das Auflösen des Egos mit Hilfe von Psychedelika und Technologie forderte und unterstützte, riet er (entgegen geläufiger Unterstellungen) nie zu unkontrolliertem Drogenkonsum auf, sondern warb für die mit Ralf Metzner, Richard Alpert erstellte Theorie, welche die Wichtigkeit von Dosis, Set und Setting betont. Noch vor seinem Ableben, kürte Timothy den eloquenten Poeten, Autor und Schamanismus Forscher Terence McKenna (ebenfalls irischer Abstammung) innerhalb der psychedelischen Forschungsgemeinde zu seinem Nachfolger: „Terence ist die lebende Legende, die in den letzten 15 -20 Jahren in Erscheinung trat und das poetischste Sprachrohr und die radikalste philosophische Stimme, die uns unterstützt, unsere psychedelische Erfahrung mit den urzeitlichen Traditionen des Schamanismus zu verknüpfen." 

Timothys Krebsdiagnose reaktivierte sein Interesse an der Kryonik und gebar die Idee, selbst „live“ im Internet zu sterben. Diese (nicht realisierbare) Inszenierung sowie sein mit R.U. Sirius verfasstes „Totenbuch“ (1996) sollte dazu verhelfen, den Tod als eine Form von Event zu verstehen. Noch in der Woche vor seinem Tod wurden mit Leary die Filmaufnahmen für Lynn Herschman-Leeson’s Film „Conceiving Ada“ (über Ada Byron Lovelace, die vor rund 150 Jahren erste Computerprogramme verfasste) fertiggestellt. Bis zu seinem Tod am 31.5.1996 vertrat er stets das Credo: "Denkt für euch selbst - stellt die Autoritäten in Frage!" Knapp ein Jahr nachdem er, am 31. Mai 1996, in Beverly Hillsverstarb, wurde seine Asche am 21.4.1997 mit der Pegasus Rakete in eine Erdumlaufbahn geschossen, aus der sie 6 Jahre später (2003) heraustrat, um im Orbit zu verglühen.

 

Beziehung zum (bzw.) Rolle für den Herausgeber

 

Das erste Gerücht über Timothy Leary, dass mir Anfang der 80er Jahre zu Ohren kam, war die (im US-Geheimdienst CIA als mögliches Szenario durchplante) und später ihm zugedichtete Option „LSD ins Trinkwasser“ einer amerikanischen Großstadt zu kippen bzw. freizusetzen. Dann 1984 erklang seine Stimme gesampelt auf der ersten Schallplatte von Jack the Tab aka. Psychick TV: „Nimm LSD. Schau dir deine Wohnung an. Deine Wohnung ist ein nach außen gestülpter Teil deines menschlichen Nervensystems!“ Bald lernte ich sein 8-Schaltkreise Modell, die S.M.I2.L.E. (Space Migration Intelligence Increase Life Extension) Theorie, Bücher wie „Politics of Extasy“, ganz besonders aber seine rebellisch, aber doch geistreichen TV-Auftritte kennen und schätzen. Mit Werner Pieper und der Heidelberger Firma Brain-Tech (Mindmachines) lotsten wir Timothy, im Herbst 1991 von der „Ars Electronica“ in Linz kommend, nach Heidelberg ein, wo ich ihn mit vom Bahnhof abholte (und filmte). Hier trafen Leary, John Perry Barlow und Terence McKenna erstmals zusammen und Tim signierte mir die Platte Tune in, turn on the Acid-house von Psychick TV (1986) mit: „Boris, keep the sounds going ... and the beat goes on“.

Im Rahmen der „Whole Life Expo“ in San Francisco, 1995 trafen wir einander ein letztes mal. Dort sah (und filmte) ich seine live-Performance mit Retina Logic.

 Wer Ihn näher kannte und hinter Tims Fassade zu blicken vermochte, liebte Tim als feinfühligen Verfechter der Freiheit des Individuums, Hacker, Realitäts-Designer, Visionär und liebevollen Freund und als Ahne begleitet er mich als „Cheerleader der Hoffnung“. Schließlich gab er mir als Kollege und Mentor Ansporn, hinter die Matrix - die Fassade der uns verschriebenen Realität - zu blicken, meinem innersten Wesenskern entsprechend zu entscheiden und zu handeln und mich auf größere kosmische Zeitzyklen einzustimmen. Als erwachter Bestandteil der Schöpfung war Tim nicht immer leicht zu verstehen ..., hatte er doch - aufgrund der Verhaltensforschung, Psychologie und der integrativen Wissenschaft der Ökologie unsere Epoche - ein völlig neues Verständnis für die Zusammenhänge und Tatsachen wiederentdeckt, die in den reduktionistischen Jahrhunderten der modernen Wissenschaft in Vergessenheit geraten waren. „Die Raupe kann den Schmetterling nicht verstehen“. Tim fand wahre Intelligenz jedenfalls nicht allein in den Köpfen von Professoren, sondern hat uns vermittelt, dass der Planet kein mechanischer Apparat, sondern ein ganzheitlicher, lebendiger Organismus ist, dass der Welt eine Seele als auch eine Absicht innewohnt und dass wir an ihr Anteil haben können!  „You - can be anything this time around!“

 

Veröffentlichungen (Auszug)

  • Multilevel Measurement of Interpersonal Behaviour (1956)
  • Interpersonal Diagnosis of Personality (1957)
  • The seven Tongues of God - The Religious Experience: Its Production and Interpretation) (1963)
  • The Psychedelic Experience – based on the Tibetan Book of Death (1964)
  • Psychedelic Prayers (1966)
  • Start You Own Religion (1967)
  • Politik der Ekstase (1968 + 1974)
  • High Priest Timothy Leary (1968 + 1995)
  • Declaration of Evolution (1970)
  • Timothy Leary, Apellant v. State of California (1970)
  • Jail Notes (1970)
  • Neurologik - Nuerologic (1973 + 1982)
  • Confessions of a hope fiend (1973)
  • Starseed (1973)
  • Terra 2 (1974)
  • The Curse of the Oval Room (1974)
  • Info-Psychologie (1976)
  • What does WoMan want ? (1976)
  • Exo-Psychologie (1977)
  • Neuropolitics (mit Robert Anton Wilson & George Koopman  (1977)
  • Neurocomics (1979)
  • The Game of Life (1979)
  • Die Intelligenz-Agenten (1979)
  • Changing my Mind, Amoung Others (1982)
  • Flashbacks (1983)
  • Das Generationenspiel - wie Heimmedien die Kulturevolution designen (1984)
  • Höhere Intelligenz und Kreativität (1986)
  • Mind Mirror Software (1986)
  • Über die Kriminalisierung des Natürlichen (1990)
  • Timothy Learys Greatest Hits (1990)
  • From Psychedelics to Cybernetics (Video, 1991)
  • Pilzexperimente in Knast und Kirche - Zauberpilze (Hrsg. R. Rippchen, 1992)
  • How To Operate Your Brain (1993)
  • Chaos & Cyber-Kultur (1994)
  • Timothy Leary Lives (CD, 1996)
  • Beyond Life (Internet (1996)
  • Timothy Learys Totenbuch (1996)
  • Chaos & Cyber-Kultur (mit William Gibson, W.S. Burroughs u.a.) (1997)
  • Der Alchemistische Kongress (CD-CDRom Sampler) (1998)

Musik (Auszug)

You can be anyone this time around (Bootleg, 1968 + CD, 1992)
Psychick TV feat Timothy Leary - Tune in, turn on the acid house (1991)

Psychick Warriors of Gaia feat. Timothy Leary (Vinyl + CD, 1992)

The Grid feat. Timothy Leary (CD, 1991)

In Memoriam Of Timothy Leary (Bootleg CD, 1992)

50th Anniversary Of LSD feat. Timothy Leary (Vinyl, 1993)

True Frequencies feat. Timothy Leary (CD, 1995)

75 Years of LSD feat. Timothy Leary (Vinyl, 2018)

 

Film (Auszug)

Mann beißt Hund (USA 1989)

From Psychedelics to Cybernetics - Pyromania Art Films (D 1991)

How to operate your Brain - Retina Logic (USA 1993)

Conceiving Ada - Hotwire Productions (USA/D/F 1997)

Weblinks

https://www.youtube.com/playlist?list=PLiBgMwWUDA56jgP1BU2HJb8Bm9yJmRxi6

www.deoxy.org/leary.htm

 


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