Mythische Aspekte - im Beltane- und Walpurgis-Ritual

Es ist eine äußerst wichtige Ritual-Nacht, deren Ausgang Fülle, Fruchtbarkeit des kommenden Sommers und somit die Ernte bestimmt. In ihr wählt das Schicksal bzw. das magisch-intuitiv geübte Mädchen, als Wahlfrau in Ihrer Rolle als Verkörperung der großen Göttin, ihren Bräutigam aus (beides war einst üblich). Der Geschickteste und „Vom Schicksal gelenkte“ war der am besten passende und ihr Auserwählter. Somit können wir den Beltane-Ritus als das geeignete Fest zur Einweihung der Mädchen betrachten. In dieser Nacht wurde der Wissenkreis der heranwachsenden Frauen um das alte Mutterrecht erweitert und die Walas (frühe Hagediessen) wiesen sie in ihre späteren Aufgaben ein.

Es ist daher nicht verwunderlich, wenn heute viele Feministinnen gerade die Walpurgisnacht wieder für ihre Hexendemonstrationen wählen. Im Rahmen des Wachstumsbrauchs wird die Hohe-Priesterin zur Personifikation sowohl der Göttin als auch des Landes. Das heißt nach den Wintermonaten, in denen die Erde ruht, muss sie im Frühjahr rituell erweckt und neu befruchtet werden, um die Fruchtbarkeit des kommenden Jahres sicherzustellen. Für die Göttin gewordene Jungfrau wurde durch Geschick und Schicksal, in den verschiedenen Phasen ihrer Erscheinung ein Heros, ein jugendlicher kraftvoller Held bestimmt.

Mit ihm feierte sie die heilige Hochzeit, das große Fruchtbarkeitsfest Beltane, angelehnt an den Kreislauf der Jahreszeiten. Es ist eine Erweckungssage hinter der sich das Motiv der heiligen Hochzeit (hieros gamos) verbirgt. In den archaisch anmutenden Fragmenten der Nibelungensage lässt sich der Vollzug dieses sakralen, tantrischen Beischlafs an der Symbolik erschließen: Siegfried schneidet mit seinem Schwert die Rüstung Brunhilds auf und erweckt sie somit quasi zu neuem Leben. Nach ihrem Erwachen segnet sie die Früchte des Feldes und lehrt Siegfried Runen und Weisheit.Es ist die Zeit der fruchtschweren Flur und der heilkräftigen Hände, der Stärke und des stolzen Ruhmes. Es ist eine Zeit der Freudenrunen, der Glücksstäbe und des Heils, das aus der Ganzheit geboren wird - aus der ewig sich erneuernden Vereinigung von Himmel und Erde, Tag und Nacht, Sommer und Winter, von Mannes- und Weibeskraft in der Welt und im jenseitigen Walhalla.

Die Männer, als Helden oder Heros-Boten sind zu Beltaine Einzuweihende im „Kampf“ der Kräfte, bei dem die sieghaft triumphierenden jungen Kräfte des Frühjahrs des Jahrlaufkreises und des Sommers schließlich obsiegen. Die Hochzeit stand als Symbol für die Vereinigung der polaren Gegensätze und die völlige Schließung des sich in der Zeit erfüllenden Schicksalsringes, des Kreislaufgeschehens. Im Winter folgt zwangsläufig der Tod der Heros, als der Sohngeliebte und jüngere Bruder der Göttin. Sein Runensinnbild ist die „Man“ Rune, Symbol der sich jugendlich erneuernden, männlichen Lebens- und Zeugungskraft. Manchmal bringt er sich - parallel zur sterbenden Göttin - selbst als Opfer dar, doch im Frühling kehrte er verjüngt zurück, und der Zyklus beginnt aufs Neue.

Der Anthropologe Von Ranke Graves schreibt in seinem Buch „Die Weiße Göttin“:

„Da nun der oberste Gott der Druiden ein Sonnengott war, wurde seine Entmannung alljährlich durch das Kappen der „Mistel“ (als das zeugende Prinzip) mit der goldenen Sichel – denn Gold war das der Sonne heilige Metall.„

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