Herrin der Disen, Hag’se, Hexe - Zauberkundige Hüterin des Natur- & Heilwissens

Es gibt nur vage Hinweise auf eine frühe matriarchalisch-lineare Abstammungsordnung unter unseren Ahnen, sicher jedoch ist der hohe Rang, den die Frau bei den Germanen und bei den Kelten einnahm. Im norddeutschen Raum verehrte man die Herrin der Disen, die demnach Heilerin und Geburtshelferin waren, denn die Disen (altgermanisch Hage-Disen, Hagezusen, Hag’sen die später von den Christen als Hexen bezeichnet wurden) waren mit den Mondzyklen und allen Heilkräutern der Erde vertraut. Das Wort Dis (Disen) galt im germanischen Raum als Kollektivbezeichnung für Göttinnen im allgemeinen und für Hebammen im speziellen. Hage-Disen oder Hag’sen war die Bezeichnung die Hegerinnen der Natur und des Natur- und Heilwissens im Mittelalter.

Mit Zauber- und Heilkräften hegten (hegen, hagen = Hagalrune) und schützten sie das Thingplatz oder den Hag (Zeremonie-Platz eine gehegte Stätte, von Hecken umringt) und das allumfassende Leben an sich. Denn auch Volks- oder Gerichtsversammlungen wurde in feierlicher Weise mit Pflöcken oder Stangen, meist aus Haselsträuchern „eingehegt“ und mit Seilen verbunden. Die Missionare sahen das G in Hag(di)sen für ein X an. Der Buchstabe X existierte jedoch nicht im Germanischen, es entstammt dem Griechisch und Latein und so wurde das Wort Hag’sen zu ,,Hexen” verstümmelt und nur in den skandinavischen Sprachen wird es noch heute mit ,,ks” geschrieben.

Willentlich gegen den Papst handelnd (der Frauen und Mädchen das Lernen und Lehren strikt verboten hatte) gründete die Heilige Odilie einen keltisch-fränkischen Lehrkonvent für Frauen (und Männer) in der hängenden Kapelle auf dem Elsässischen Mont St. Odile, einem der heiligsten Berge Frankreichs. 660 bis 720 n. Ch. erreichte sie mit ihrer „Ur-Universität“ einen, weit über das Land hinausgehenden Berühmtheitsgrad, in dem sie Wissenschaften und Spiritualität lehrte, Poesie, Literatur, Illuminationen-Malerei, Theologie, Astronomie, Medizin, Kräuterwissen, Musik, Meditation und Trancetechniken unterrichtete. Was immer den Zugang und Umgang mit der geistigen Traumwelt betraf.

Meditierende beschäftigten ihr Bewusst-Sein, mit einer anstrengenden, wenn auch sich ständig wiederholenden Tätigkeit (Knotenbilder, Runenlieder, Weisheits-Sprüchen). Als Konzentrationshilfen dienten dabei die verwickelten irischen Ornamente. die beiden die Knoten der Ewigkeit betrachtenden Bartzieher, ein im Book of Kelts immer wiederkehrendes Bild, bedienen sich so einer weisen Meditationstechnik, die in heutigen Selbsterfahrungsgruppen wieder aufgegriffen wird. Auch moderne Spiritualistinnen, Hexen und Neo-Schamanen streben mit ihren Übungen und Ritualen an, „Visionen und Utopien zu entwickeln, die wie ein Netz in die Wirklichkeit eingewoben werden. Eine Wirklichkeit, in der die herrschenden Strukturen verschwinden sollen.“

Im Volksglauben bzw. in dem Bild, das die Kirche und Christenmänner dem Volk „glauben gemacht“ hat, galten sie als zauberkundige Frauen. Sie sollen über unnachvollziehbare magische Energien verfügen; sie saßen auf dem kulturellen Zaun und wirkten mit, außerhalb der Kultur nicht wahrnehmbare, daher „okkulten“ Kräften. Sie versammelten sich am Hexen-Sabbat auf dem Blocksberg. Ihre „hohe Kunst“ galt als am wirksamsten in der Walpurgis-, Oster- und Johannisnacht, in den Zwölfnächten, am Georgs- und Andreastag. Zum Ende des Mittelalters steigerte sich der missverstandene Hexenglaube zum Hexenwahn! Kirchliche und staatliche Gesetzgebungen führten, im Europa des 14. bis 17. Jh. zu ausgedehnten Hexenjagden und zahllosen Hexenprozessen.

Zwischen einer und zehn Millionen Frauen wurden im Verlauf der Hexenverfolgung in Europa ermordet. Die Disen oder Hag’disen genannten Frauen waren Vertreterinnen eines vorchristlichen gesamteuropäischen Kults, aber auch minder weise Frauen mussten damals nur wenige Merkmale aufweisen, um als „böse“ Hexe der Hexerei, Ketzerei, bzw. der Buhlerei mit dem Teufel verdächtigt zu werden. Zum einen war das abweichendes soziales Verhalten (Ehelosigkeit außerhalb der Klöster, Auflehnung gegen Gewaltherrschaft der Männer), zum anderen das Wissen um die Heilkraft von Kräutern und natürlichen Medikamenten (die medizinischen Kenntnisse der christlich-europäische „Kultur“ dieser Jahrhunderte zählen zu den niedrigsten, die damals wohl weltweit zu finden waren).

Mit der Hexenjagd wurde der menschliche Stammbaum der weisen, tief mit der Natur und dem Jenseits verbundenen, kräuterkundigen Frauen und Männer nahezu gekappt. Zudem sorgten die zahlreichen Katzen, die (als Tier der Hexen und Magier) diesem Wahn zum Opfer fielen, für einen sprunghaften Anstieg der Ratten und sie wiederum verbreiteten die Pest. Weitere kollektiv spürbare Resultate dieses alten Glaubenskrieges zwischen Christen- und Heiden-Menschen sind auch unsere, heutzutage innerhalb unserer westlichen Kultur in Erscheinung tretenden geistigen Defizite, die Orientierungslosigkeit und der Mangel an Verbindung zur archaischen weiblichen Kraft.

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